Ein Teil der Opposition hat im Deutschen Bundestag Gesetzentwürfe eingebracht, wonach der Straftatbestand des Erschleichens von Leistungen um die Wörter „die Beförderung durch ein Verkehrsmittel“ gestrichen werden soll. Zwar spielt die Vorschrift für die Klausuren des Ersten Staatsexamens so gut wie keine Rolle, allerdings macht dies die Vorschrift für die mündliche Prüfung – auch aufgrund ihrer hohen praktischen Relevanz – nur interessanter.
Ein Prüfungsgespräch könnte etwa wie folgt beginnen:
Haben sie in den letzten Monaten eine Tageszeitung gelesen?
Kandidaten: Ja
Welche Straftatbestände sollten nach ihrer Kenntnis abgeändert werden?
Kandidaten: Straftatbestände x, y, § 265a StGB
Ah, sehr gut. Auf § 265a StGB wollte ich hinaus. Was ist denn Schutzgut des § 265a StGB?
Kandidaten: Geschützt wird das Vermögen.
Und um welchen Deliktstypus handelt es sich?
Ein Erfolgsdelikt.
Im § 265a StGB steht drin, dass der Täter nur dann nach dieser Vorschrift bestraft wird, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Wie nennt man so etwas?
Kandidaten: Subsidiaritätsklausel.
Welchen anderen Straftatbestand, der das Vermögen schützt und eine Subsidiaritätsklausel enthält, kennen sie denn noch?
Kandidaten: Die Unterschlagung aus § 246 StGB.
Sehr schön. Im Parlament wurden auch rechtspolitische Argumente ins Feld geführt. Eines davon lautete, dass die Vertragsstrafe, die etwa Verkehrsbetriebe verlangen eine zusätzliche „Strafe“ wäre und daher der Straftatbestand wie eine Doppelbestrafung wirke. Können sie kurz erklären, weshalb es keine Doppelbestrafung ist und wo die Doppelbestrafung geregelt ist?
Kandidaten: Das Verbot der Doppelbestrafung (ne bis in idem) ist in Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes geregelt. Da eine Vertragsstrafe rein zivilrechtlicher Natur ist, kann die zusätzliche Strafbarkeit eines Verhaltens nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen.
In der Debatte wurde auch ins Feld geführt, dass Schwarzparken nicht strafbar sei. Können sie anhand des Zwecks der Norm erklären, weshalb Schwarzparken anders als Schwarzfahren nicht strafbar ist?
Kandidaten: Schwarzparken dient in erster Linie der Verkehrssteuerung. Bei Schwarzfahrern dagegen geht es um gemeinschädigende Vermögensverluste der Verkehrsbetriebe.
Gut. Angenommen man würde die Norm des § 265a StGB streichen. Wäre Schwarzfahren dann überhaupt nicht mehr strafbar?
Kandidaten: Nein, man müsste an eine Strafbarkeit aus § 263 StGB wegen Betruges denken.
Ja, und welcher Straftatbestand ist im Rahmen von Schwarzfahrten auch noch relevant?
Kandidaten: Eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB könnte unter Umständen auch vorliegen.
Wunderbar. Nun folgender Fall…
Wie sie sehen, ist der Einstieg ins Prüfungsgespräch anhand des § 265a StGB leicht und für die Prüfer aufgrund der Fallkonstruktion in Verbindung mit den Straftatbeständen des Betruges und der Urkundenfälschung auch noch überaus reizvoll. Natürlich könnte man den Fall auch noch um einen kleinen Taschendiebstahl erweitern und schon hätte man genug Stoff für die gesamte mündliche Prüfung im Strafrecht. Der § 265a StGB sollte daher – vor allem wegen seiner Relevanz im Referendariat – keinesfalls stiefmütterlich behandelt werden.
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