Öffentlich-rechtliche-GoA

Mit Urteil vom 26.04.2018 – BVErwG 3 C 24.16 hat das Bundesverwaltungsgericht eine als Grundlage von Klausuren durchaus interessante Entscheidung gefällt. Das Urteil wird Bestandteil der Entscheidungssammlung und ging an die Fachpresse. Es ist außerdem bekannt, dass die Justizprüfungsämter bereits verwaltungsrechtliche Klausuren mit tierschutzrechtlichen Bestimmungen gestellt haben. Daher kommt man als Student der Rechtswissenschaften und erst Recht als Referendar nicht darum herum, sich zumindest mit der Systematik des Tierschutzgesetzes zu beschäftigen. Der nachfolgende Fall geht außerdem auf die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag ein, so dass er auch aus diesem Grund interessant ist.

Sachverhalt

Ein nicht vermisst gemeldeter und abgemagerter Hund wird vom Bauern in dessen Scheune gefunden. Dieser meldet den Fund des Tieres der Gemeinde, die das Tier am nächsten Tag durch einen Dritten ins Tierheim transportieren lässt. Der Landkreis hatte vor dem Abtransport klargestellt, dass er das Tier nicht selbst einweisen wird. Die Gemeinde hatte daraufhin erklärt, dass sie dem Landkreis (späteren Beklagten) für den Transport und die Unterbringung eine Rechnung stellen wird.

Urteil

Das Urteil kommt zum Ergebnis, dass der Hund ein Fundtier gewesen ist (also ein besitzloses, aber kein herrenloses, einer wildlebenden Population entstammendes Tier!). Davon ausgehend wird geschlussfolgert, dass die Gemeinde hier als Fundbehörde eine eigene Aufgabe wahrgenommen hat und aus diesem Grund kein Aufwendungsersatzanspruch besteht.

Das Urteil führt zunächst aus, dass §§ 965 ff. BGB auf Tiere gemäß § 90a BGB entsprechend anzuwenden sind. Das Fundrecht könne angewandt werden, wenn eine Sache verloren ist. Dazu muss die Fundsache besitzlos, aber nicht herrenlos (es besteht also noch Eigentum!) sein. Davon sei bei einem abgemagerten Hund, der einen verwilderten Eindruck macht, auszugehen, weil von einer Fundsache dann auszugehen ist, wenn Eigentum an der besitzlosen Sache nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Außerdem kommt die Aufgabe des Eigentums (sogenannte Dereliktion) nach § 959 BGB nicht in Betracht. Die Derelektion eines Tieres ist nämlich nach § 134 BGB grundsätzlich nichtig, weil sie im Regelfall gegen § 3 Abs.1 Nr.3 des Tierschutzgesetzes verstößt. Ein Eigentümer eines Tieres darf sich also nicht des Tieres entledigen, indem er es aussetzt.

Ferner führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich die Verwahrungspflicht der Gemeinde nicht schon aus der Ablieferung des Hundes ergebe. Dadurch, dass die Gemeinde hier aber einen Dritten mit dem Abtransport des Hundes beauftragt habe, ist sie jedoch nach § 868 BGB selbst Besitzerin geworden und hat den Hund im Sinn des Fundrechts nach § 965 Abs.1 BGB an sich genommen und nach § 966 BGB als Fundbehörde eine eigene Pflicht zur Verwahrung begründet.

An der originär eigenen Aufgabe der Fundbehörde (Inobhutnahme des Tieres) ändert sich auch dann nichts, wenn der Landkreis hier zunächst nach § 6 Sächsisches Polizeigesetz den Hund im Rahmen der unmittelbaren Ausführung zunächst selbst in Obhut nehmen hätte können (und wegen Gebotenheit auch hätte müssen).

Nach den vorstehenden Ausführungen, die letztlich nur der Feststellung der Zuständigkeit der Gemeinde für das Fundtier (bei gleichzeitiger Zuständigkeit des Landkreises nach § 6 SächsPolG) dienen, wurde klargestellt, dass die Gemeinde keine Kosten vom Landkreis nach der öffentlich-rechtlichen GoA ersetzt haben kann.

Zwar könne die öffentlich-rechtliche GoA auch im Verhältnis verschiedener Träger der öffentlichen Verwaltung zueinander angewandt werden. Allerdings bedürfe die Rechtfertigung eines daraus folgenden Aufwendungsersatzes einer zusätzlichen Betrachtung wegen der „negativen Kompetenzkonflikte“, bei denen ausschließliche Zuständigkeiten oder vorrangige beziehungsweise subsidiäre Zuständigkeiten im Raum stehen.

Vor diesem Hintergrund sei das öffentliche Interesse der Gemeinde an einem Aufwendungsersatzanspruch zu verneinen. Zwar habe die Gemeinde hier ein „auch fremdes Geschäft“ geführt und dies schon dadurch verdeutlich, dass sie dem Landkreis die Rechnungen weiterleiten wird. Allerdings hat sie auch aufgrund einer originär eigenen Aufgabe gehandelt, die gegenüber der Kompetenz des Landkreises vorrangig ist. Bei einer solchen Mehrfachzuständigkeit sei es jedoch nicht gerechtfertigt, dass die Gemeinde wegen ihrer eigenen Aufgabenwahrnehmung dem Landkreis Kosten auferlegt.

Fazit

Die öffentlich-rechtliche GoA wird selten abgeprüft. Dennoch muss sie beherrscht werden, weil sie mit der zivilrechtlichen GoA eng verbunden ist. Für die Prüfungsämter ist die öffentlich-rechtliche GoA nicht völlig untinteressant, weil sich hier Verwaltungsrecht mit zivilrechtlichen Bestimmungen gut verbinden lässt. Entscheidend ist, dass man bei einer solchen Klausur auf die Herleitung und die Anwendungsmöglichkeit der öffentlich-rechtlichen GoA eingeht und im Fall des Kompetenzgerangels (Verwaltung gegen Verwaltung) klarstellt, dass ein Kostenanspruch nicht besteht, wenn die eine Verwaltung eigene Aufgaben wahrgenommen hat.

Dessen ungeachtet sei (auch angesichts des anhaltend warmen Wetters) darauf hinzuweisen, dass vor allem Fälle mit eingeschlossenen Hunden in KFZ als Grundlage für Klausuren / Hausarbeiten interessant sind. Dies gilt umso mehr, als dass hier auch Verbindungen zum Strafrecht (z.B. Einschlagen der Fensterscheibe durch Passanten, um das Tier herauszuholen) möglich sind.

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