Mietverhältnis stillschweigende Verlängerung

Das Mietrecht wird im Ersten Staatsexamen oftmals nur am Rande behandelt. In der schriftlichen Prüfung ist es mehr als nur unwahrscheinlich, dass das Mietrecht geprüft wird. Dagegen hat es deutlich mehr Relevanz in der mündlichen Prüfung und im Rechtsreferendariat.

Bekannt sein sollte dennoch, dass ein wirksam gekündigtes Mietverhältnis sich stillschweigend nach § 545 BGB durch faktischen Weitergebrauch der Mietsache auf unbestimmte Zeit  verlängert. Daher gehört es in Anwaltsschriftsätzen betreffend Mieträumklagen standardmäßig dazu, darauf hinzuweisen, dass einer Weiternutzung der Mietsache ausdrücklich widersprochen wird.

Fall

Die Vermieterin kündigte den Mietvertrag außerordentlich mit den Worten: „Die angemahnte Miete mit Betriebskosten und Umsatzsteuer für Januar 2013, sowie eine Miete laut Vollstreckungsauftrag sind immer noch nicht eingegangen! Wir sprechen nun das Vermieterpfandrecht (…) aus und die fristlose Kündigung! Sie sollten uns die Räume in vertraglichem Zustand bis zum 30.01.2013 herausgeben!“

Dennoch wurden die Räumlichkeiten auch nach Ablauf der Frist nicht geräumt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 24.01.2018 AZ.: XII ZR 120/16 entschieden, dass der zur Vermeidung der Rechtsfolgen aus § 545 BGB erforderliche Widerspruch auch konkludent und zwar noch vor Beendigung des Mietverhältnisses erklärt werden kann. Das bedeutet, dass der Vermieter den Widerspruch bereits konkludent, also schlüssig im Rahmen der (außerordentlichen) Kündigung zum Ausdruck bringen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass die Ablehnung einer Fortsetzung des Mietverhältnisses eindeutig vom Vermieter zum Ausdruck gebracht wird.

Examensrelevanz

Da es sich um Mietrecht handelt, ist die Examensrelevanz als eher gering einzuschätzen. Allerdings eignet sich die Entscheidung für Prüfer in der mündlichen Prüfung, um einerseits grundlegende Kenntnisse zum Mietrecht abzufragen und andererseits das Grundverständnis von Gestaltungsrechten sowie die Auslegung von Willenserklärungen.

Schön sind die Ausführungen zur Auslegung der Willenserklärung und zu Sinn und Zweck der Vorschrift. Demnach führt der BGH aus:

„Der gemäß § 545 Satz 1 Halbsatz 2 BGB die Verlängerung hindernde Widerspruch kann konkludent, schon vor Beendigung des Mietverhältnisses und damit jedenfalls auch mit der Kündigung erklärt werden. Eine konkludente Widerspruchserklärung muss jedoch den Willen des Vermieters, die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen, eindeutig zum Ausdruck bringen. Denn der Zweck der Vorschrift besteht darin, Rechtsklarheit zwischen den Vertragsteilen darüber zu schaffen, ob der Vertrag fortbesteht oder nicht. Rechtsklarheit kann der Vermieter auch dadurch schaffen, dass er bereits in der Kündigungserklärung den Willen zum Ausdruck bringt, die Fortsetzung des Mietvertrags endgültig abzulehnen. Nicht in jeder außerordentlichen Kündigung kann bereits eine Widerspruchserklärung gesehen werden. Die Entscheidung, ob eine außerordentliche Kündigung des Vermieters bereits die Erklärung beinhaltet, die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sind das Gewicht der Kündigungsgründe und die Bedeutung, welche der Vermieter ihnen nach dem Inhalt der Erklärung beigemessen hat.“

Hier finden sich einige Argumente, die in vielen Rechtsgebieten und auch in der Staatsprüfung von Vorteil sind.

Dies ist zum einen der Verweis darauf, dass Sinn und Zweck der Vorschrift die Herstellung von Rechtsklarheit ist.

Dies ist ferner die Erkenntnis, dass Gestaltungsrechte wie etwa die Kündigung eindeutig und ohne Vorbehalt ausgesprochen werden müssen (auch dies aus Gründen der Rechtsklarheit).

Schließlich sieht man, dass der Bundesgerichthof ein eindeutiges Räumungsverlangen so in Anwendung der §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auslegt, dass auch die gesetzliche Verpflichtung zum Widerspruch wie jede Willenserklärung konkludent erfolgen kann.

Der Bundesgerichtshof fasste dies in folgende Worte:

„Bereits das Kündigungsschreiben enthielt unbeschadet sprachlicher Mängel eine eindeutige Aufforderung zur Räumung binnen zwei Tagen und damit sogar eine ausdrückliche Fristsetzung. Dass die Klägerin sich dabei der Formulierung „sollten“ bediente, nimmt dieser Handlungsaufforderung nichts von ihrer Unmissverständlichkeit. Der Beklagte konnte aus dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB dieses Kündigungsschreiben nur dahin verstehen, dass die Klägerin mit einer durch eine Weiternutzung bewirkten Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit nicht einverstanden sein würde.“

 

 

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